Donnerstag, 22. Oktober 2009

atomisierung der gesellschaft - facebook und kommunikation?

was mich momentan beschäftigt, hat wenig mit stadtplanung zu tun, in letzter konsequenz aber dann vielleicht doch. täglich 50 und mehr neue mails zu bekommen, gleichzeitig über das festnetz und mobil ununterbrochen erreichbar zu sein, möglicherweise zusätzlich auch noch freiwillig zu bloggen, facebooken und zu twittern, das heisst sich ununterbrochen mitzuteilen -
bringt uns das alles weiter?
ich beobachte zunehmende entsolidarisierung, harald katzmair beschreibt das so treffend mit der "atomisierung der gesellschaft". auch wenn die eine oder andere kampagne nur über die leichte verbreitung mittels web zu erfolg führt, sollte das nicht darüber hinwegtäuschen das die gesellschaft auseinanderdriftet. nicht nur monetär, sondern auch ideell und letztlich auch stadträumlich (,...die sogenannte gentrification). ich glaube nicht, dass uns facebook verändert, sondern, dass es ausdruck unserer gesellschaft ist. wir reden zwar ständig miteinander, wollen aber eigentlich nichts miteinander zu tun haben. sich mit freunden zu treffen artet in tagelangen mailverkehr und doodleterminsuche aus. wer geht (- abseits von konsum wie essen gehen, kino, fitness, shoppen) noch in altmodische klubs, vereine, um gemeinsam etwas zu unternehmen oder zu schaffen? wer kennt die leute im haus? wohin führt das, wenn es sich so rasant weiterentwickelt?
wer profitiert davon?
...je mehr widerspruch ich bekomme, desto besser für uns alle
doris (Gast) - 22. Okt, 12:06

du sprichst mir sehr aus dem herzen, sabine.
liebe grüße
doris

ju (Gast) - 22. Okt, 15:46

atomisieren? wohl eher amüsieren...

Dear dark sabine,
Also für mich ist facebook und das web ein weiterer lebensraum, er ersetzt keinen anderen, schon gar nicht das reale leben. klar, irgendwas anderes muss ja zu kurz kommen, wenn ich im facebook--web-soziotop zeit verbringe. und ich weiss auch schon was: wenn ich mein heutiges leben mit der prä-internet ära vergleiche, so fällt mir auf dass ich früher stundenlang bücher aus bibliothekskatalogen raussuchen und "entlehnen" musste, öde anrufe bei der "auskunft" (lustig, klingt echt komisch heute) machen musste, in spezialläden ewig langspielplattencovers durchgeblättert habe nur um einen song zu finden und, und, und... sprich: ich hab enorm viel zeit verbummelt, die ich heute nimmer verbummeln muss, dank internet. das heisst ich kann mir mein paralleluniversum leisten UND nebenher ein feines old-school privatleben. schön ist das!

ps: das mit dem atomisieren musst mir erklären, am besten beim laubzusammenrechen, okay?

ju

agnes (Gast) - 22. Okt, 21:34

wo bleiben die emotionen?

lange hat mein inneres brainstorming gedauert, bis mein zugang zu deinem artikel aufgetaucht ist. ich stimme voll zu, dass ich enorm viel zeit gewonnen habe durch die nutzung des internets. viele lästige wege fallen weg. facebook hat mich gerade 3 tage fasziniert, seither warte ich vergeblich auf die überzeugung, dass mich facebook bereichert - emotional oder sonst irgendwie. einzig und allein ein "aha" geht durch meinen kopf und ein großes staunen wie groß das mitteilungsbedürfnis vieler menschen geworden ist. chatten hingegen stimmt mich oft sehr zufrieden, weil ich hier wirklich in ein gespräch eintauche, sei es tiefsinnig oder einfach humorvoll. Social media ist so vielfältig geworden, dass es jedem von uns, die "richtige" kommunikationsform gibt. ich ändere gerade sehr viel in meinem beruflichen leben, habe auch mal eine kurze "ruhepause" eingelegt, in der ich mehr zeit habe, neue online kommunikations tools auszuprobieren. das genieße ich. wenn die berufliche kommunikations ohnehin schon "aus den ohren quillt", kann ich mich in deine lage, sabine, sehr gut hineinversetzen. die devise klingt nach rückzug bevor die person sabine im kommunikationstaumel verloren geht.
unser real meeting wird uns gut tun!

sab - 23. Okt, 12:49

auseinanderdriften der gesellschaft

individualisierung ist das was mich mehr bewegt als die neuen medien, - die uns natürlich auch neue möglichkeiten geben, bswp. international zu kommunizieren und über unseren tellerand zu schaun - ich meinte aber etwas anderes. facebook ist für mich ein ausdruck dieser individualisierung. unseres permanenten bedürfnisses oder bedarfs an selbstdarstellung. sei es zwecks profilierung und networking um in prekären arbeitsverhältnissen mehr chancen aufs überleben zu haben, sei es aus anderen persönlichen gründen, die ich nicht werten möchte. natürlich macht das auch spass und ist toll, aber es zeigt doch auch wie wir alle ticken. das zu beobachten, finde ich spannend. die schlüsse die ich daraus ziehe, sehen aber eher düster aus. möchte auch auf interessanten beitrag von http://guensberg.wordpress.com/2009/10/22/oberflachentauchen-nachbetrachtung-mobilefuturetalk%c2%b409/ hinweisen.

martin (Gast) - 4. Nov, 08:03

unterschied privat - öffentlich

Letztlich muss jede/r für sich selbst den persönlichen Weg finden, wie umgehen mit Zeitmanagement rund um Kontakte. Eines finde ich aber schon wichtig: Dass PolitikerInnen jedenfalls auch mit modernen Kommunikationsmitteln erreichbar sind. Es muss nicht Email+Twitter+Facebook+whatever sein, aber zumindest für 1-2 Kommunikationskanäle sollten sich PolitikerInnen entscheiden. Damit man eben auch dem eigenen engsten Bekanntenkreis herauskommt - und neuen Input darüberhinaus bekommt. Neue Ideen, neue Projekte - auch neue UnterstützerInnen. Klar erfordert Kommunikation auch Zeit. Wenn man sich z.B. 1 Stunde für ein persönliches Gespräch in eienm Cafe Zeit nimmt, dann sollte für PolitikerInnen auch z.B. 1 Stunde pro Tag für E-Mail Kommunikation (und zwar externe!) realistisch machbar sein - finde ich. Wie gesagt - jeder muss seinen Stil finden. Peter Pilz gibts zum Beispiel nicht auf Twitter und Facebook, dafür lebt der Blog, andere machen mehr mit Video etc. Manche konzentrieren sich ganz konkret auf 1-2 Zielgruppenthemen, andere sind Generalisten und kommentieren quer durch den Gemüsegarten - von Obama bis zu Hundstrümmerln. It's up to you!

Pietschmann Herbert (Gast) - 31. Mai, 17:52

Erlaube mir, auf mein neues Buch "Die Atomisierung der Gesellschaft" (Ibera Verlag Wien 2009) aufmerksam zu machen.
MfG, Herbert Pietschmann

TK (Gast) - 3. Nov, 22:22

Stimmt alles.

Darum verweigere sich einige - manche nicht ganz konsequent, aber eben so gut es geht - all dem, was Du anführst, von Facebook bis zum Mobiltelephon.

Das schadet einem in der politischen Wirksamkeit, das schadet einem beruflich und privat hält es den kleinen Kreis zusammen, soweit dessen Mitglieder nicht doch durch Facebook bis Mobiltelephon weniger Zeit haben als für den Zusammenhalt nötig ist.

Macht jemand bei den gerade in Mode befindlichen Medien immer mit, wird er zum öffentlichen Menschen, bekannt, scheinbar greifbar, abgehoben (nicht weil es gewollt ist, sondern weil er dorthingehoben wird, wo ihn alle sehen können),... und dieser Mensch verliert seine Freiheit. Die Freiheit des privaten Freiraumes und der privaten Freizeit.
Im Extremen leben es Politiker, aber auch jene, die leitende
Positionen in größeren Betrieben haben.

Die Freiheit nein zu sagen und nicht konforme Entscheidungen treffen zu können schwindet bei vielen, weil sie in suchtähnlicher Weise dabei sind.
Manche bewahren sich die für sie nötigen Freiheiten. Das sind die, die wissen, daß es wichtiger ist Kairos, den richtigen Zeitpunkt, zu erkennen und dann entsprechend zu handeln, als Chronos, die Zeitdauer zum Abgott zu erheben. Es sind die, die ihr Wertgerüst immer wieder inspizieren und Konsequenzen ziehen, wenn sie es baufällig vorfinden.
"Wenn wir uns selbst erkannt haben, sind nicht immer schon geheilt

Die Entsolidarisierung habe auch ich in unserer Gesellschaft beobachtet. Sie schreitet sogar voran. Schade, leider.
Nicht einmal die Wirtschaftskrise scheint daran viel zu ändern.
Wie kann man es ändern?
Vielleicht indem man die Freiräume, die noch vorhanden sind, schützt und weitere schafft. Das gelingt, auch wenn es oft mühsam ist.
Konsumfreie Räume schaffen - das ist die Aufgabe. In der Stadt, in unserem Terminkalender, wo auch immer sonst.

Ich widerspreche, daß wir nichts mehr miteinander zu tun haben wollen. Wir werden vielmehr unfähig miteinander zu tun haben zu können. Die persönlichen Kapazitäten sind erschöpft, denn egal, wieviele Menschen wir kennen, wir können nur mit einer sehr geringen Anzahl befreundet sein. Wenn die bestimmte Kapazität an einer bestimmten Art von Kontakten überschritten wird, gehen andere Kontakte ähnlicher Art verloren.
Später, wenn wir uns selbst und unsere Situation erkannt haben, können wir die früheren Verluste beklagen und Konsequenzen ziehen - oder eben weitermachen.

Ich widerspreche also nicht, nur ein bischen, sozusagen zum Trost und weils wahr ist.

jo (Gast) - 4. Jan, 09:23

"Atomisierung der Gesellschaft"

ich weiss nicht was harald katzmair damit meint, jedoch ursächlich und ursprünglich hat der österr. physiker herbert pietschmann den begriff geprägt, wissenschaftlich aufgearbeitet und auch journalistisch in form eines buches behandelt.
lg jo

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